Wer sie nicht kennt, fürwahr!
der tut mir leid,
Der hat den Weg zum Himmel
nicht gefunden;
Des Geist wird nie in
Schönhweits Bad gesunden,
Das jedes Erdstaubs plötzlich
ihn befreit.
Ich – schwör’ auf suie! In
ganzer Seligkeit
Hab’ ich vor Bild und Blick
sie oft empfunden,
Zehntausendmal in hehrsten
Rauschsekunden
Geschwelgt durch sie am Quell
der Göttlichkeit!
Ja, wenn ich’s recht erwäg’,
muß ich erkennen,
Ich liebte stets nur auf den
ersten Blick:
So ganz die Art des Dichters,
zu entbrennen!
Mein erstes Glück war stets
mein hehrstes Glück,
Durch dies fühlt’ ich zu
Göttern mich erhoben;
Das nächste schon glich einem
Sturz von oben!
Wer je mir ein Geständnis
konnt’ entrücken,
Mich je beschwor, daß ewig
treu ich bliebe,
Wer je mich schalt, daß
Neigung schnell zerstiebe,
Dem eil’ ich meine Art nun
auszudrücken.
Des Weltlings Gegenstück in
tausend Stücken,
Gleich’ ich ihm doch im
hehrstzen just der Triebe:
Von Blüt’ zu Blüte lockt auch
mich die Liebe,
Gönnt nicht an einer dauernd
mir Entzücken.
Mein Lieben ist der
Künstlerdrang zum Schönen,
Das nirgends, ach! sich findet
im Vereine,
Doch Eines bleibt in Bildern,
BHlicken, Tönen.
So ist’s am End’ im Grunde
doch nur Eine,
Der ich gehör’ mit ungeteiltem
Sehnen:
Doch nicht von dieser Welt ist
diese Reine.
Es ist nicht wahr, ich schätz’
gering das Leben,
Mein erst’ und letztes wär’
und blieb das Dichten;
Mein Glücksdurst mög’, mein
Liebbedürfnis richten,
Ob ich der Geist, nur stets am
Buch zu kleben.
Nur, weil das Leben mir
gewährt mit nichten,
Wonach in mir heiß alle
Geister streben,
So täusch’ ich mich zum
Schein, mit Dichten eben,
Um vollends auf das Glück
nicht zu verzichten.
Und kommt’s mal ja auf kurze
süße Weile,
Als Freiheit, Freundschaft,
Liebe, Menschenschöne,
Mit eins verstummen meines
Spieles Töne.
Gebt mir ein Lieb’, drin ich
mich finde wieder,
Daß Herz und Geist und Schlaf
ich mit ihr teile –
Und fahrt zur Höll’ all meine
Vers und Lieder!
Nie war nach Lieb’ so brünstig
mein Verlangen,
Als wenn daheim ich, wann der
Abend graute,
Mein brennend Angesicht im Spiegel
schaute
Und Jugend las auf Lippen,
Stirn und Wangen.
Wozu, dann fragt’ ich, all des
Lenzes Prangen,
Wenn heißer Liebe Reif es
nicht betaute?
Wozu, wenn ihm kein Aug’
entgegenblaute,
Dann meines Auges Glühn, sich
festzuhangen?
So oft ich so in sonn’ger
Jugend Blüte
Am Abend mich im Spiegel mußt’
betrachten,
Stets wie Narciß ich heiß in
Lieb’ entbrannte
Für – nichts dies Aug’, den
Mund, die Stirn, behüte!
Doch für mein Innres, für mein
göttlich Schmachten,
Da ich’s an keinem Zweiten
noch erkannte.
Ach, daß doch diese
Sinnlichkeit nicht wäre!
So seufz’ ich oft in wilden
Fieberstunden,
Wenn wie Mazeppa an sein Roß
gebunden,
Am Grat ich schmachte dieser
Satansmähre.
Ach, wenn ich so in
Glücks-drst mich verzehre,
Im Wollusttaumel dürste zu
gesunden:
Was gilt mir, was ich sonst
zuhehrst empfunden,
Das Ideal? Nichts, Schatten,
Traum, Schimäre!
So setzt mir’s zu, bis ich den
Becher leere.
Dann stürzt hervor, gleich
losgelaß’nen Hunden,
Die Reu’, mich marternd mit
des Vorwurfs Schwere,
Und vor der reinen Schönheit
Himmelshehre
Im Staub mich windend, seufz’
ich überwunden:
Ach, daß doch diese
Sinnlichkeit nicht wäre!
Ich könnte glücklich sein. Mir
ward beschieden
Gesundheit, Jugend, wie an
Leib, am Geiste,
Ich hab’, wo alles nicht, das
best’ und meiste,
Was glücklich machen kann und
macht hienieden.
Von Unglück, Kampf ums Brot
bis nun gemieden,
Beglückt durch Künste, üb’ ich
selbst die freiste,
Die hohe Dichtkunst, drin ich
manches leiste,
Und wäg’ ich so mein Los, bin
ich’s zufrieden.
Nur denken darf ich nicht (mit
eins verarmen
Macht mich’s zum Bettler!) wie
mein Sein verbannt ist
Vom höchsten Glück, für das
mein Herz entbrannt ist;
Nur denken nicht, wie selig
das Erwarmen
Der Maid am Busen, die uns
geistverwandt ist
Und abends uns umschlingt mit
Liebesarmen!
Der Himmel blau, ein schöner
Sommerabend,
Am Platz Musik – vertraute,
hehrste Klänge;
Lustwandelnd lauscht die bunte
dichte Menge,
Des Alltags Sorg’ in
Fröhlichkeit begrabend.
Ud an Gefühl, an Aug’ und Ohr
mich labend,
Tret’ jauchzend ich ins Freie,
ins Gedränge,
Nur was mir fehlt, das ganz
der Welt entschwänge
Mein Wesen sich, mit Schmerz
im Sinne habend.
Mein altes Leid, bekanntes,
oft genanntes,
Das stets mich anfällt, wenn
ich Klängen lausche,
Und beben macht mein Herz,
mein liebentbranntes:
Daß mir im reinsten, hehrsten,
höchsten Rausche
Ein heißerglühtes, tiefes,
wohlverwandtes,
Geliebtes Mädchen fehlt zum
Geistestausche!
Nur Ruh’, ihr Götter! etwas
Rhe!
Was soll mir all dies Jagen,
Hasten, Treiben?
was an dem Stoff dies ew’ge
Blutigreiben?
Was all der Kampf in was ich denk’
und tue?
Nicht Ruh im Grab! Nicht Ruh’
der Totentruhe!
Des war ich feind und werd’ es
ewig bleiben!
Nur Ruh’ im Leben, Fühlen,
Denken, Schreiben,
Doch Ruh’ ihr Götter! etwas,
etwas Ruhe!
Und Liebe, ach! um nach des
Tages Hasten,
Entronnen seinen Spitzen,
Ruten, Lasten,
An ihrem Busen selig
auszurasten,
Um, wenn die Arme sich und
Herzen fanden,
Mit all dem Stürmen,
Schütteln, Wogenbranden
In ihrem Hafen glücksberauscht
zu stranden!
Am Tage nicht, da fühl’ ich
nicht das Schmachten,
Das Brennen, Lechzen, Dürsten
so nach Liebe;
Im Lärmen, Jagen, Hasten, im
Geschiebe
Fehlt uns die Zeit, auf was
uns fehlt, zu achten.
Doch neigt der Tag sich und
beginnt’s zu nachten
Und schweigt der Lärm und ruht
der Welt Gestiebe,
Dann steigt vor mir, erzeugt
vom höchsten Triebe,
Das Bild empor der Maid, der
traumerdachten.
Und sink’ ich dann ins weiche
Lager nieder,
Wer nennt mein Sehnen,
Brennen, Lechzen, Sengen,
Zu finden mich im zweiten
Wesen wieder,
Mein Denken, Fühlen,
Schwelgen, Jauchzen, Drängen,
Und Geist und Leib und Brust
und Mund und Glieder,
Dies Riesen-Ich in fremdes Ich
zu zwängen!
Weh dem, der nur ein einzigmal
im Leben,
Doch tief und voll der Liebe
Rausch empfunden;
Wer einmal nur ein Wesen hielt
umwunden,
Dem er sich ganz, das ganz
sich ihm ergeben.
Stets wie ein Traum muß
Liebesglück entschweben,
Was bleibt, sind Tränen,
Martern, Seufzer, Wunden;
weh dem, der ihn geträumt, dem
er entschwunden,
Er wäre besser nie erwacht zum
Leben.
Weh mir, der ich, an
Göttertrank mich labend,
Im Schoß der Lieb’ verschwelgt
zwei Abendstunden!
Verwünscht sei dieser ewig
schöne Abend!
Alltäglich kehrt er höhnend
mir zurücke,
Die Stunden, die Minuten, die
Sekunden,
Und jede reißt mein sehnend
Herz in Stücke!
Weh dem, der in der Brust ein
hehr Verlangen,
An Erdenwesen Leib und Seele
bindet;
Der, für die Lieb’ zu Bild und
Lied erblindet,
An wahre Menschen sucht sich
anzuhangen.
Ins Kleid des Nessos hat er
sich verfangen,
Worin er unter Folterqual sich
windet;
Den Scheiterhaufen sorglos
sich entzündet,
Der ihn versengt mit tausend
Feuerschlangen.
Geknechtet wird er sein, ein
Sclav’ in Ketten,
Sein eig’ner Geist wird wider
ihn sich bäumen,
Sein Körper sich auf roten
Gluten betten.
Zuletzt, wenn alles Glück
zerrann zu Schäumen,
Wird aus dem Schutt er nur die
Lehre retten,
Daß glücklich lieben heißt:
von Liebe träumen!
Stets teuer waren mir die
Abendstunden,
Verbracht mit großer Dichter,
Denker Lesen;
Stets teurer die, da für mein
eignes Wesen
Den Ausdruck ich in Vers und
Reim gefunden.
Auch jene wurden freudig stets
empfunden,
Da unter Frohen winkte froh
Genesen;
Zuletzt die wen’gen auch, die
ich erlesen
Zu frühem Schlaf, dem Arzt für
alle Wunden.
Doch schöner sah ich nie den
Tag sich neigen,
Als wenn ich Herz und Geist,
mein Ich, mein eige4n
Durft einer andern teuren
Seele zeigen;
Als wenn ein großes Herz sich
mir erschlossen,
In das mein Geist, ein
Glutstom, sich ergossen,
Und Du und Ich in Eins
zusammenflossen.
Groß war die Lust, so oft ich
im Gewühle
Der Menschen konnt’ die
schönen Mädchen schauen,
Mich an der Knaben Pinienwuchs
erbauen
Und Süden träumen in der
Julischwüle.
Groß war die Lust, so oft in
Waldes Kühle
Ich einsam wandeln konnt’ mit
heil’gem Grauen,
Gedanken wälzen, Weltsysteme
bauen
Von Gott-Natur in mächtigem
Gefühle.
Doch weder hier im Walde tief
alleinsam
Leert’ ich der Wonnen vollsten
Kelch im Leben,
Noch dort im Park, mit
Tausenden gemeinsam.
Nein, nein! das Höchste, was
uns Gott gegeben,
Der hehrste Göttertrank, die
stärksten Reben,
Des Lebens Nektarbecher –
trinkt sich zweisam!
Zwei reine Lieben gibt’s. Die
eine, ethisch,
Ein ganzes, grenzenloses
Gernehaben;
Die andre, trunknes Blick- und
Geistbegraben
In Menschenschönheit,
Künstlerlieb’ ästhetisch.
Die eine bindet Herz an Herz
magnetisch,
Durch Eins das Andre namenlos
zu laben;
Die andre liest entzückt in
Goldbuchstaben
Im schönen Angesicht den Gott
prophetisch.
Die erste, selten zwar, doch
dann pathetisch,
Wird, muß es sein, fürs Liebste
sterben, fallen,
Und jauchzt im Tod noch
sieghaft und frenetisch.
Die zweite, Künstlern eigen,
hehrst poetisch,
Ist mild’rer Art: schafft nur
zu Tempelhallen
Uns Promenad’ und Ballsalon
und Teetisch